Mit Sandstein in die Zeit der Saurier
Teufelsmauer und Bodensteiner Klippen im nördlichen Harzvorland laden zum Wandern und Klettern ein. Die Felsformationen sind viele Millionen Jahre alt. Sagen erzählen von ihrem Entstehen, aber die Wirklichkeit ist noch weitaus spanender.
Wir sind hier schon einmal gegangen. Von der kleinen, „Heidelberg“ genannten, Straße am Stadtrand von Blankenburg den schmalen Weg am Hang entlang Richtung Hamburger Wappen: Die Teufelsmauer ist immer wieder einen Ausflug wert. Der Höhenzug am Harzrand beeindruckt mit seinen pittoresken Felsformationen. Einige tragen sprechende Namen, wie beispielsweise der Großmutterfelsen und der Großvaterfelsen. Ein beliebtes Ausflugsziel ist auch das Hamburger Wappen, das seinen Namen wegen einer gewissen Ähnlichkeit mit dem Wahrzeichen der großen Hansestadt an der Elbe hat.
Ein wenig Fantasie braucht man meiner Meinung nach schon, um diese Parallele zu erkennen, aber auch wenn beim Anblick nicht an Hamburg denkt, sind die Felsformationen der Teufelsmauer beeindruckend.
Wir wandern den Hangweg entlang, auf halber Höhe durch den Wald mit Blick auf Blankenburg. Links liegt das Harzvorland, rechts stehen die Felsen der Teufelsmauer. Als wir an einem schmalen Durchgang ankommen und wie über eine kleine Treppe zwischen den Felsen hindurchsteigen, fasse ich die Steine an. Kühl fühlen sie sich an und ein klein wenig feucht. „Das ist ja ähnlich wie bei den Bodensteiner Klippen“, denke ich, und so werde ich es kurze Zeit später auch begeistert ein paar Freunden schildern.
Geschichten vom Teufel und gewaltige Erdbewegungen
Tatsächlich ist es aber nur eine Ähnlichkeit auf den ersten Blick. Die Bodensteiner Klippen sind deutlich älter als die Teufelsmauer, auch wenn beide mit nackten Felsen locken und ein wenig zum Klettern einladen.
Eine alte Sage berichtet eine fantastische Entstehungsgeschichte der Teufelsmauer. Demnach soll der Teufel einst mit Gott gewettet haben. Es ging um die Herrschaft auf der Erde. Sie wollten das Land aufteilen, wenn es dem Teufel gelänge, in einer Nacht eine Mauer zwischen Harz und Harzvorland zu errichteten.
Der Teufel baute eifrig, aber bevor er fertig war, kam eine Magd mit einem Hahn vorbei. Der krähte vor Sonnenaufgang. Da zerschlug der Teufel wütend seine Mauer. Was übrig blieb, ist die Teufelsmauer, die wir kennen.
Soweit die Sage: Die wirkliche Geschichte, die uns heute die Geologen erzählen, ist aber noch weit spektakulärer. Vor etwa 80 bis 90 Millionen Jahren gab es dort wo jetzt der Harz ist, gewaltige Erdbewegungen. Enormer Druck schob Gesteinsschichten nach oben und stellte sie steil. Das sind die Sandsteinfelsen, die wir bei Blankenburg und auch bei Weddersleben sehen können - ein Teil der Teufelsmauer.
Viel wärmer als heute war es damals. Tropisches Klima herrschte hier im Norden. Gute Teile Norddeutschlands waren von einem Meer bedeckt. Zeitweise lebten riesige Flugsaurier in der Region.
In die Zeit der Saurier fällt auch die Entstehung der Bodensteiner Klippen. Die Felsformationen sind aber deutlich älter als die Teufelsmauer. Rund 110 Millionen Jahre alt ist der dortige Hilssandstein. So berichtet es der Geopark Braunschweiger Land auf seiner Internetseite. Erdgeschichtlich sprechen die Wissenschafteler von der unteren Kreidezeit. Es gibt auch eine obere Kreidezeit. Sie liegt etwas näher an unserer Gegenwart.
Versteinerungen und Atomphysik
Wie machen die Geologen das?
Woher wissen sie, wie alt die Felsen sind, die wir anfassen und auf denen wir herumklettern?
Es ist nicht einfach, aber spannend. Das wird deutlich, wenn man Dr. Henning Zellmer zuhört, dem Geschäftsstellenleiter des Geopark-Trägervereins Braunscheiger Land-Ostfalen. „Fosilienfunde helfen“, sagt Zellmer. Wenn man weiß, wann die Tiere gelebt haben, deren versteinerte Reste man beispielsweise im Sandstein eingeschlossen findet, kann man zeitliche Zuordnungen treffen. So hilft die Entwicklungsgeschichte der Tiere bei der Bestimmung des Alters der Gesteine.
Aber auch Hightech ist im Spiel. Man kann radioaktive Isotope im Gestein messen und daraus Rückschlüsse auf das Alter der Steine ziehen. Dahinter steckt eine Menge Physik, und die Erkenntnisse werden immer genauer. Entsprechend müssen die Geologen ihre Tabellen immer wieder anpassen, erzählt Zellmer. Auf ein paar 100 oder 1000 Jahre kommt es dabei nicht an. „Es gibt Fehlertoleranzen von ein bis drei Millionen Jahren“, bekennt der Geologe.
Auf lange Sicht ist das aber wohl zu verschmerzen. Schließlich ist seit der Kreidezeit allemal genug Zeit vergangen. Das Meer von damals ist weit weg und die Saurier, die damals zwischen Teufelsmauer und Bodensteiner Klippen gelebt haben, sind nur noch ein Kick für meine Fantasie, wenn ich zwischen den Felsen herumkletterte und die Steine anfasse, die entstanden, als die Riesentiere hier noch zu Hause waren.
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