Warum wurden hier so viele Buchen gefällt?
Anfangs hat mich der Anblick wirklich etwas erschreckt. Ganze Stapel gefällter Bäume liegen im Lechlumer Holz am Wegrand. Zumindest wenn man beim Alten Forsthaus in Wolfenbüttel hineinläuft, ist das augenfällig. Meist sind es Buchen.
Eine Menge Fragen gehen mir duch den Kopf: Wurden im Herbst 2021 besonders viele Buchen gefällt? Und warum ist das so? Was ist mit den Buchenwäldern los?
Wird der Wald durch die Baumfällarbeiten dezimiert? Ist das rein industrielle Holznutzung oder gibt es dabei auch ökologische Ansätze?
In einem Blogbeitrag aus dem September haben die Niedersächsischen Landesforsten Antworten parat. Diesmal ging es bei den Holzfäll-Arbeiten im Lechlumer Holz tatsächlich vor allem um die Buchen, betonen sie dort. Die Buchen seien die Bäume, die am meisten unter der Trockenperiode der vergangenen Jahre gelitten hätten. Nun würden die Folgen der Dürreperiode deutlich. Die Baumfällungen seien unumgänglich gewesen.
Den Arbeiten seien aber ausschließlich abgestorbene oder absterbende Buchen zum Opfer gefallen, heißt es im Blog. Auch entlang der Wege habe man Bäume gefällt, die nicht mehr stabil gewesen seien. Das Ziel dabei: Die Sicherheit der Waldbesucher soll weiter gewährleistet werden.
Die Buchen seien während der vergangenen Jahre regelrecht verdurstet. Infolge der Trockenheit hätten Schadorganismen die geschwächten Bäume befallen. Bei den Arbeiten sei daher gar nicht die Holznutzung im Vordergrund gestanden, auch wenn die Landesforsten einer drohenden Holzentwertung zuvorkommen wollten.
Viele Buchen haben tote Äste in den Kronen
Franz Hüsing erklärt auf Nachfrage weitere Hintergründe. Der Forstdirektor a.D. ist Vorstandsvorsitzender der Gute-Wald-Stiftung. Die Institution hat sich die Förderung des ökologischen Waldbaus und des Waldnaturschutzes auf die Fahne geschrieben. „Viele Buchen im Lechlumer Holz hatten in den Kronen tote Äste. Die fallen dann irgendwann einfach runter.“ Oft sei bereits die Hälfte der Äste in einer Krone abgestorben gewesen. Die Gefahr dürfe man nicht unterschätzen, besonders in einem Wald, der für die Öffentlichkeit zugänglich sei. Hüsing: „So ein herabstürzender Ast kann einen Spaziergänger erschlagen, wenn er ihn trifft.“
Hüsing erzählt am Telefon, draußen ist es derweil nass und regnerisch. Der Herbst ist diesmal feucht und der Winter bislang auch, die Wege im Wald sind schlammig und aufgeweicht. Aber der Schein trügt, betont der Forstexperte. Für die Bäume sei das bei weitem nicht genug. Seit 2018 habe es langfristig viel zu wenig geregnet. Die Böden seien daher immer noch ausgetrocknet. „Nehmen Sie mal einen Spaten und buddeln Sie 10 bis 15 Zentimeter, dann werden Sie sehen, dass der Boden da schon trocken ist“, sagt Hüsing.
Für viele Buchen habe das bereits das Aus bedeutet. Hüsing spricht von einem Generationswechsel, bei dem man junge Bäume nachwachsen lasse. Im Wald braucht das aber viel Zeit. Ein solcher Verjüngungsprozess dauere aber etwa 30 Jahre.
Vögel, Spinnen und Pilze profitieren vom Totholz
Und beginnt nun im Wald das große Aufräumen? Das Holz der gefällten Bäume werde teils genutzt, teils bleibe es als Totholz im Wald, erklärt der Fachmann. Was abtransportiert werde, diene als Rohstoff in der Industrie, werde am Bau verwendet, zu Möbeln verarbeitet oder als Kaminholz verbrannt. Ganz klar bestehen auch im Lechlumer Holz kommerzielle Interessen. „Das ist kein Naturwald“, macht Hüsing deutlich.
Die Zeit wird ein Übriges tun. In fünf Jahren werde man die Spuren der Baumfällarbeiten nicht mehr sehen, ist der Forstdirektor a.D. sicher. Und obwohl jetzt viele Bäume entnommen worden seien, werde es künftig im Lechlumer Holz nicht weniger sondern eher mehr Wald geben. Es werde sogar weniger Holz genutzt als langfristig nachwachse.
Und auch andere ökologische Aspekte habe die Forstwirtschaft im Lechlumer Holz im Blick: Äste, Zweige und die Kronen der Bäume bleiben oft als Totholz im Wald liegen. Vögel, Spinnen, Käfer und viele andere Lebewesen profitieren davon. Pilzen beispielsweise dient das tote Holz als Nahrung. Aufräumaktionen seien daher nicht geplant: „Das Totholz bleibt liegen. In fünf oder zehn Jahren ist es zerfallen.“
Ich bin gern im Wald unterwegs. Aber wenn ich im Herbst und Winter die vielen gefällten Bäume sehe, erschrecke ich manchmal. Auch wenn ich weiß, dass unsere Wälder gewöhnlich keine Naturwälder sind, sondern kommerziell genutzt werden, erlebe ich sie meist als ein Stück Natur. Und wenn ich die Eingriffe der Forstwirte sehe, frage ich: Was ist hier los? Ich bin auch gespannt, wie sich ein Wald als Naturwald entwickelt, so wie es im Nationalpark Harz gerade geschieht.
Eine Geschichte zu einem Ausflug im Nationalpark Harz finden Sie hier:
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Blog der Landesforsten zu den Arbeiten im Lechlumer Holz.
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Jürgen (Samstag, 08 Januar 2022 09:01)
Danke für die Aufklärung. Das gleiche Bild habe ich auch im Geitelder Wald gesehen und mir die gleichen Fragen gestellt. Antworten habe ich jetzt!